Der Fortschritt ist nicht das Problem

Viele glauben, dass der Fortschritt Arbeitsplätze vernichtet. Daher gibt es immer mehr Arbeitslose und weniger Erwerbsarbeit, welche Menschen ernähren kann. Das stimmt – auf der einen Seite. Der dampfbetriebene Webstuhl hat die erforderliche menschliche Arbeit reduziert, die notwendig ist, um die Welt mit ausreichend textilem Stoff zu versorgen. Der automatische Webstuhl wurde doch nur deshalb eingesetzt, weil dadurch die Produktionskosten gesenkt werden konnten. Damit waren die so produzierenden Textilhersteller gegenüber Kunden und Konkurrenten in einer besseren Handelsposition. Sie konnten ihre Produkte billiger anbieten als die Konkurrenz, und das auch noch in einer gleichbleibenden Qualität.

Die Industrielle Revolution war eigentlich nichts anderes, als der erste Höhepunkt eines bis heute andauernden Wett-Rationalisierens. Aber nicht zum Nutzen der Menschen sondern um die Gewinnspannen zu vergrößern, sprich mehr Gewinn aus den Umsätzen zu ziehen. Dabei ist und war sie jedoch nichts weiter als eine logische Entwicklung. Auch ein Handwerker strebt danach, mit möglichst wenig finanziellem, körperlichem wie handwerklichem Aufwand möglichst viel Gewinn zu erzielen. Auch vor dem automatischen Webstuhl gab es Preisschwankungen, nur nicht so stark wie heute. Und auch damals war das Bestreben eines Webers z. B. durch den Einkauf günstiger Materialien sein monatiliches Einkommen zu erhöhen, einen Konkurrenten zu unterbieten, etc. Das Spiel war das gleiche.
Händler, auch von modernen Maschinen, suchten neue Märkte in mehr oder weniger weit entfernten Regionen. Denn nur der Verkauf bringt Gewinn. Ein gesättigter Markt bringt keinen Ertrag.

Die zweite, die elektronische Revolution war ein weiterer des Rationalisierungswettlaufs, nur auf einer anderen Ebene. Und dieses Wett-Rationalisieren wird weitergehen. Es ist ein systematischer Teil des Kapitalismus die Produktivkräfte immer leistungsfähiger zu gestalten. Dennoch sind die technischen Neuerungen immer noch Werkzeug. Nicht die Maschinen rationalisieren, sondern ihre Eigentümer. Weiter muss gesagt werden, dass die meisten Erfindungen zwar mit dem Hintergrund auf monetären Reichtum, aber dennoch im Hinblick auf das Wohl der jeweils bekannten Gesellschaft gemacht wurden und werden. Ob sie bekannt werden liegt jedoch hauptsächlich daran, ob sie verkaufbar sind, nicht daran wie viel Nutzen sie den Menschen bringen. Vor allem denen, die sie bezahlen könnten.

Das Problem liegt also nicht darin, dass immer weniger Menschen zur Produktion der Güter benötigt werden, sondern immer wieder im Zweck, warum sie produziert werden: um möglichst viel Handel zu treiben, um Gewinne zu generieren. Dazu werden die Güter, die Leistungen, möglichst immer billiger hergestellt und möglichst teuer zu verkauft. Somit liegt das Problem steigender Arbeitslosigkeit nicht im Fortschritt sondern im Handel.
In vielen Regionen der Erde könnte z. B. saubere Energie durch die Sonne gewonnen werden. Das wird aber nicht gemacht, weil es weil es viele erdölfördernde Staaten betreffen würde. Mit Erdöl aber nähren diese Menschen ihren Reichtum, vor allem die Quellenbesitzer. Sie haben kein Interesse, Strom mittels Sonnenenergie zu gewinnen, obwohl viele Menschen in diesen Ländern, bei denen der Reichtum eben nicht ankommt, entsprechenden Bedarf hätten. PV-Anlagen kosten für viele Jahre oft nur den Anschaffungspreis. Aber die Menschen, die Bedarf hätten, können den Preis nicht bezahlen.

Verwertungsanstalten

Zunehmend sollen die heutigen Bildungseinrichtungen und Forschungsstätten wirtschaftlichen Interessen unterworfen werden, um nur noch dem Handel, dem hervorbringen neuer verwertbarer Produkte zu dienen und damit dem Wohl weniger, (noch) zahlungsfähiger Kunden, aber nicht dem Wohl der Menschheit.

Doch erst wenn die Gewinne über die Innovatoren (zahlungskräftige Kunden, die gern neue Produkte ausprobieren) weniger werden bzw. dieser Markt / dieses Marktsegment gesättigt ist, werden die Preise gesenkt, um nach und nach eine breitere, zwar weniger zahlungsfähige, aber immer noch ertragreiche Käuferschicht anzusprechen. Zu diesem Zeitpunkt wird der Gewinn immer mehr durch die Masse der verkauften Einheiten bzw. der getätigten Handelsgeschäfte und die durch diese Masse gesunkenen Produktionskosten pro Einheit erwirtschaftet. Das funktioniert so lange, bis auch dieses Marktsegment gesättigt ist und die Preise wiederum fallen. Das Senken der Preise um weitere Käuferschichten zu erreichen funktioniert so lange, bis der Anteil zu gering wird, den der mit diesem Produkt erzielte Gewinn zur Deckung der Fixkosten beiträgt. Damit ist der Lebenszyklus eines Produkts zu Ende, die Produktion wird eingestellt und ein anderes Produkt forciert oder ein neues gelauncht (auf den Markt gebracht), das wieder Umsätze und Erträge ermöglicht. Ob das alte Produkt gut, schlecht, zuverlässig war oder sonst großen Nutzen für die Menschen hatte, ist irrelevant. Es bringt keinen Profit mehr und ist damit für den Unternehmer wertlos, nicht mehr von Interesse.

Kein Unternehmer wird ein Produkt vom Markt nehmen, wenn es noch Gewinn oder zumindest Kunden bringt (Prestige-Produkte). Kein Unternehmer wird ein Produkt auf den Markt bringen, von dem zu erwarten ist, dass es keinen Gewinn bringt. Der Nutzen des Kunden ist dabei völlig egal. Der Nutzen wird erst dann wieder relevant, wenn dessen Sicherstellung einen Gewinn bringt (zum Beispiel mit Support-Leistungen: 1 Jahr vor Ort-Service, 24 Stunden Reaktionszeit, etc). Solche Serviceleistungen kennt man aus allen Bereichen. Auch hier wird deutlich, dass alles auf den Handel und auf das Generieren von Gewinnen abzielt. Nichts anderes zählt.

Würde der Handel dem Fortschritt nicht im Weg stehen, wie im Artikel “Fortschritt” beschrieben, würde er im Gegenteil viele Tätigkeitsfelder und Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Andererseits würde er, wäre ein Profit-Denken nicht mehr erforderlich, das Leben ungemein erleichtern, die erforderliche Arbeitszeit weiter verkürzen und es den Menschen ermöglichen, sich anderweitig zu beschäftigen, zum Beispiel mit Bildung, Forschung, pflegen von sozialen Kontakten, erhalten und pflegen des Lebensraums 'Erde', vielleicht auch nur im jeweils unmittelbaren Umfeld.