Reichtum

Das Ansammeln von materiellen Werten, von Eigentum, von Vermögen dient im gegenwärtigen Gesellschaftssystem, letztlich der Erhaltung der Lebensfähigkeit. Sogenannte Wohlhabende können sich medizinisch besser versorgen, weil sie notwendige Behandlungen bezahlen können. Ihre Nahrung ist vielfältiger und somit meistens auch gesünder. Sie müssen sich nicht auf billige Nahrungsmittel beschränken, die, um sie zu einem niedrigen Preis überhaupt anbieten zu können, eben auch niedrige Produktionskosten haben. Nicht selten finden sich bei der Herstellung solcher Lebensmittel eben auch problematische Arbeitssituationen (extrem niedrige Löhne, Kinderarbeit, mangelnde Sicherheitsvorschriften, größerer Einsatz von Chemie, uvm.)

Ist man reich, arbeitet man meistens weniger körperlich, was den Körper natürlich schont, sondern eher administrativ, also geistiger Art.
Körperlich schwere Arbeiten können sie von anderen, lohnabhängigen, weniger verdienenden und vermögenden erledigen lassen und die eigene Gesundheit schonen.

Um diesen Standard nicht nur abzusichern, sondern möglichst noch weiter zu erhöhen, zu verbessern, strebt der Reiche nach immer mehr. Geiz ist nichts anderes als die Angst vor einer Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit, und das Streben diese zu sichern.

Wie jedes menschliche Verhalten kann auch dieses übersteigert und bisweilen auch krankhaft werden. Leider wird eine übersteigerte Form dieses Verhaltens in unserer Gesellschaft, in der das Anhäufen von materiellem Reichtum, das Vermehren von Vermögen zum Gesellschaftsziel gehört, natürlich nicht als krankhaftes Verhalten angesehen, geschweige denn als solches erkannt.

In einer auf Handel basierenden Gesellschaft wie der unseren, geschieht es nun mal, dass sich finanzielles Vermögen, ab einer bestimmten Menge verselbstständigt. Das bedeutet, dass es sich ohne weiteres Zutun, bei richtiger Verzinsung, von selbst vermehrt. Es wird zusehends unmöglich eine solche Menge an Geld auszugeben, welche die finanzielle Existenz bedroht. Allein der Verfall einer Währung kann dieses Vermögen dann bedrohen.

Ein konkretes Beispiel für die gerade gemachten Behauptungen ist das Verhalten von Quelle-Erbin Fr. Madeleine Schickedanz. Im Juli 2009 berichtet die Zeitung Focus, dass die ehemalige Milliardärin durch die Insolvenz eine so große Exitenzangst bekam, dass sie sogar auf der Straße Spenden für sich sammelte - oder besser: Betteln ging. Vermutlich entstand ein Missverständnis als ihr mitgeteilt wurde, dass sie weder Hartz IV noch ihre Rente bekommt. Bei einem verbleibenden Rest von 27 Millionen, der ihr gemäß dem Artikel bleibt, entfällt nun mal jeglicher entsprechender Anspruch auf soziale Leistungen. Das hat sie aber offenbar übersehen.

Das mag nur ein extremes Beispiel entsprechender affektiver Paranoia sein, dennoch macht es deutlich, dass es nirgendwo einfach nur um mehr Besitz, mehr Eigentum, dass es nicht ums „Haben-wollen“ geht, sondern schlicht ums überleben. Das gilt für Reiche genauso wie für Arme.